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Mein Tagebucheintrag für den Freitag, 15.06.2012

 

Mein Tag war:




und weils fürs profil echt a wengerl lang ist
kommt die geschichte mal hierher...

Prinzip Verblüffung. Was uns der Künstler und Weltstreicher Thomas Seiger zu denken gibt
Geld zu verschenken
Ein junger Mann steht am Stephansplatz. Er trägt ein Tablett mit ungewöhnlich vielen Münzen. Daran befestigt, ein handgeschriebenes Schild aus Karton mit der Aufschrift: «Geld zu verschenken». Die Passanten ziehen an ihm vorbei, jeder hat es eilig, nur wenige sind aufmerksam genug, um zu erkennen, dass er nicht ins Bild passt.

Bleibt doch einer stehen, ergeben sich kuriose Gespräche. So wie dieses.
«Du verschenkst Geld? Echt jetzt?»
«Nimm dir, wenn du was brauchst.»
«Ist das dein Geld?»
«Ich hab, was ich zum Leben brauche, das ist extra, das macht mich nicht glücklicher.»
Persönlicher Wert wird zu oft an Geld gemessen. Ein Mensch, der sich dem nicht verschrieben hat, übt eine besondere Faszination auf uns aus. Geld zur freien Entnahme lockt die Leute an wie eine Droge: Einerseits kann man es natürlich brauchen, aber so ganz ohne Gegenleistung, darf man da wirklich einfach zugreifen?
«Dem da kannst du’s geben», sagt der Passant und zeigt auf einen Straßenmusiker. «Brauchst ned da stehen.»
«Ich verteile das Geld nicht, aber die Leute können sich nehmen, wenn sie’s brauchen, das ist ein Unterschied.»
«Darf ich mir jetzt wirklich was nehmen? Find ich echt super, die Aktion. Bin die ganze Zeit schon am Schnorren, danke.»
«Bitte. Tu dir oder jemand anderem was Gutes damit.»
Das halbe Leben opfern wir, um Geld zu verdienen, kein Wunder, dass uns das ratlos macht. Das hart Verdiente nicht zu benötigen, es einfach herzugeben, untergräbt unser System. Das versteht auch unser Passant auf versteckter Kamera nicht.
«Schau wie dumm die Menschen san… da steht schon ‚Geld zu verschenken‘ und keiner bleibt stehen, Oida!»
(zwiti) Vom Haben zum Sein – ein asiatischer Bewusstseinssprung
Thomas Seiger ist freier Künstler, Autodidakt und Weltenbummler. Nach einer Südostasienreise ist ihm klar geworden, wie wenig Reichtum und Besitz einen Menschen wirklich ausmachen. Von Menschen, die für unsere Verhältnisse in unerträglicher Armut leben, hat er Gastfreundschaft und Großzügigkeit erfahren. Solche Erlebnisse beeindrucken viele. Die Wenigsten nehmen sie wirklich mit nach Hause. Zurück in Wien merkt er, wie viel mehr Dinge er besitzt, als er braucht. Über Ebay und auf einer Tombola-Party wird er sämtliche DVDs und Bücher los, die anderen Menschen vielleicht mehr Freude bereiten. Der Erlös dieser Schätze liegt nun auf dem Tablett, pro Aktion etwa 80 Euro in Münzen und kleinen Scheinen. Beim ersten Ausflug zieht Thomas Seiger mit unauffälligem Kameramann und Aufnahmegerät los, leicht nervös, denn alles ist möglich. «Schließlich hat das ja noch niemand gemacht.»
Er positioniert sich dort, wo viele Menschen vorbeigehen, an U-Bahn-Aufgängen, in der Innenstadt, auf der Mariahilfer Straße. Dann wartet er geduldig auf Reaktionen, doch auch das Ausbleiben dieser ist eine Reaktion. Fast unsichtbar fühlt er sich inmitten der Menschenmenge. Umso bedeutender ist es, wenn seine Aktion doch ein Echo bei seinen Mitmenschen erzeugt. Thomas lässt sich gern auf Gespräche ein, ohne sich dabei selbst in den Mittelpunkt zu stellen. So antwortet er auf die Frage aller Fragen, «Warum machst du das?», mit aller Selbstverständlichkeit: «Mir geht’s gut.» Ein deutscher Passant nimmt’s gelassen, sagt prompt: «Mir geht’s auch super!» und leert die Münzen aus seiner Geldbörse auf das Tablett. Eine ältere Dame nimmt sich mit glänzenden Augen 5 Euro und verspricht, davon Krapfen für ihre Enkerln zu kaufen. Sie wird ihnen von dem netten Mann auf der Straße erzählen. Manche erkundigen sich nach dem Sinn der Sache und bleiben lange stehen, andere nehmen ohne nachzufragen einen kleinen Anteil und gehen ihres Weges. «Some people have too much money», wird da verblüfft kommentiert. Überraschend: Keiner findet es angebracht, mehr als 10 oder 20 Euro einzustecken.

Geld zur freien Entnahme – großzügiges Geschenk oder bittere Medizin? Eine Frage der Einstellung. Ein junger Mann kommt nach einigen Minuten zurück. «Ich hab mich geniert, dass ich die 15 Euro genommen hab …» Nehmen ist schwerer als sich etwas geben zu lassen, erklärt Thomas. Den Begünstigten wird nicht automatisch zugestanden, dass sie das Geld wirklich brauchen, vielmehr müssen sie diese Frage für sich beantworten. Ein solches Geldgeschenk annehmen zu können und sich uneingeschränkt darüber zu freuen ist also nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Das Verhalten einer Klasse dreizehnjähriger Schüler auf Wienwoche liefert für Thomas Seiger den besten Beweis. «Mitten am Stephansplatz bildete sich eine Traube von Schülern um mich. Irgendwann wurde der Mutigste von ihnen vorausgeschickt, sich Geld zu nehmen, und wurde sogleich von einem der Mädels harsch zurückgepfiffen. Aus dieser Spannung ist langsam das Bewusstsein gewachsen, dass sie das Geld ja alle nicht wirklich brauchen. Und plötzlich passierte das Geniale. Einer von den Jungs in der hinteren Reihe war offenbar von meiner Großzügigkeit ergriffen und schmiss selbst ein paar Münzen aufs Tablett. Da wurde auch für die anderen klar, dass sie nichts davon nehmen können, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, und einer nach dem anderen schmiss trotz meiner Proteste Geld darauf. Somit war diese schwierige Situation gelöst, und sie konnten wieder zu ihren Lehrern gehen, die schon drängten.»
(zwiti) Ein natürlicher Zyklus aus Geben und Nehmen entsteht
Im Idealfall schlägt die Aktion Wellen. In den Köpfen dieser Klassengemeinschaft ist an jenem Nachmittag etwas passiert. Sie werden ihren Eltern und Freunden erzählen, dass in Wien ein Mann auf der Straße steht und Geld verschenkt. Verrückt?
Auch «book crossing» und «couchsurfing» sind beliebte Initiativen, die trotz der Isolation des modernen vernetzen Menschen auf ein Grundbedürfnis zu teilen hindeuten. Bücher auf Reisen schicken, auf dass sie anderen eine Freude bereiten, oder eine Internet-Community, die ihren Mitgliedern gratis Übernachtungsmöglichkeiten auf der ganzen Welt bietet … Diese Phänomene stoßen entweder auf große Begeisterung oder großes Misstrauen. Ist das denn wirklich sicher oder sinnvoll? Was hat der Mensch davon, wenn er mir was Gutes tut? Oft genug scheitert Freigiebigkeit an dem Misstrauen der Leute. Zum Beispiel ist es schwerer, als man denkt, eine noch gültige U-Bahn-Fahrkarte an einen Fahrgast vorm Ticketautomaten weiterzugeben. Erst recht, wenn es um ein Geschenk größeren Wertes geht, wie ich als Reiseleiterin erfahren musste, als ich für die beliebte und überteuerte Touristenattraktion «London Eye» mehr im Voraus bezahlte Karten ausgehändigt bekommen hatte als für meine Gruppe benötigt. Ob diese Tickets auch wirklich gültig seien? Durch unsere angelernte Neigung, zu allem Unbekannten erst einmal «Nein» zu sagen, ergibt sich keine Geschichte, das lernt jeder Schauspielschüler. Um gemeinsam weiterzukommen, muss man die Träume anderer annehmen und darauf aufbauen.
Mittlerweile hat Thomas Seiger seine Aktion mehrmals wiederholt, in Wien und in Graz, wo er an der Universität auch einen Vortrag zum Thema «Geld zu verschenken» hielt. Zurzeit macht er Kunst aus zusammengeleimten U-Bahn-Zeitungen, möchte diese bei seiner nächsten Ausstellung versteigern, um wieder mehr Geld verschenken zu können. Die gesammelten Erfahrungen und Geschichten verarbeitet er in seinem Blog http://geldzuverschenken.blogspot.com, und so entsteht ein natürlicher Zyklus aus Geben und Nehmen, das Projekt gewinnt an Eigendynamik. Gibt es schon Nachahmer? Thomas lächelt bei dem Gedanken: «Mich würd’s freuen, wenn‘s andere Leute nachmachen würden. Dann würd‘s uns allen gut gehen … oder?»